Mit dem Inkrafttreten der Europäischen Fälschungsrichtlinie wurde gewissermaßen ein ‚Schutzschild‘ gegen Arzneimittelfälschungen und Plagiate geschaffen. In unserer Artikelserie zum Thema securPharm informieren wir Apothekerinnen und Apotheker Schritt-für-Schritt über alles Wichtige zu dem Schutzsystem schlechthin des Gesundheitswesens.
In folgenden ersten Teil erfahren Sie alles Grundlegende zum Thema Arzneimittelfälschung, Fälschungssicherheit und securPharm. In Teil zwei wird es dann im Speziellen um sämtliche Fragen zur Anbindung von Apotheken an das securPharm-System gehen.
Hier geht es zu Teil 2.
Warum braucht es im Gesundheitssystem ein Schutzsystem für Arzneimittel?
Wenngleich im europäischen Raum nur selten gefälschte Arzneimittel in Umlauf kommen, birgt die große Verfügbarkeit guter Fälschungen auf dem Schwarzmarkt die Gefahr, dass Arzneimittelplagiate Teil legaler Lieferketten werden. Schutzsysteme wie securPharm gewährleisten, dass Fälschungen sofort erkannt und aus dem Verkehr gezogen werden können – was auch im Sinne der Arzneimitteltherapiesicherheit ist. Denn selbst vermeintlich gute Arzneimittelfälschungen bergen die Gefahr, unbekannte Neben- oder Wechselwirkungen bei Patienten hervorzurufen. Schutzsysteme leisten also einen wichtigen Beitrag zur Wahrung der Sicherheit des Arzneimittelhandels sowie der Menschen, die auf jene Medikamente angewiesen sind.
Für welche Arzneimittel gilt die Fälschungsrichtlinie?
Wie eingangs erwähnt, wurde mit der Europäischen Fälschungsrichtlinie ein wichtiger Schritt in Richtung Fälschungssicherheit gegangen. Teil der Richtlinie ist, dass verifizierungspflichtige Arzneimittel, die nach dem 09. Februar 2019 freigegeben wurden, nur noch nach erfolgter Echtheitsprüfung im Umlauf gebracht werden. Als verifizierungspflichtige Arzneimittel gelten dahingehend sämtliche verschreibungspflichtigen Human-Arzneimittel mit Ausnahme von sog. White List Arzneimitteln wie Homöopathika oder Allergenextrakte.
Wie funktioniert der Fälschungsschutz durch securPharm?
SecurPharm besteht aus zwei bundesweit Ende-zu-Ende verschlüsselten Datenbanken: Einer Datenbank für pharmazeutische Hersteller und eine Datenbank für Apotheker. Hersteller laden in etwa die einzelnen Arzneimittelpackungen in ihrer Datenbank hoch, Apotheken buchen die jeweilige Packung über eine Schnittstelle bei der Abgabe an den Kunden aus der Apothekendatenbank aus. Jede Packung ist dabei mit einem einzigartigen sog. Data Matrix Code ausgestattet, sodass beim Versuch einer erneuten Ausbuchung automatisch ein Fälschungsverdachtsalarm ausgelöst wird. Im Data Matrix Code ist jeweils die individuelle Seriennummer des Arzneimittels, der Produktcode, die Chargenbezeichnung sowie das Verfallsdatum enthalten.
Was passiert beim Aussenden einer Fälschungsverdachtsmeldung?
Durch das automatisierte Aussenden eines Alarms bzw. Alerts werden verschiedene Akteure vor einem Fälschungsverdacht gewarnt und können so sofort Maßnahmen einleiten. So wird gewährleistet, dass das verdächtige Medikament gar nicht erst beim Kunden landet und so in Umlauf gerät.
Eine derartige Warnmeldung kann dabei entweder beim Verifizieren eines Arzneimittels oder bei einer Statusänderung einer Packung ausgelöst werden. Bei jeder Verifikation und jeder Statusändern findet ein Datenaustausch zwischen der Apothekendatenbank und der Datenbank der pharmazeutischen Hersteller statt. Wichtig zu wissen ist hier, dass die Anonymität aller Beteiligten hierbei zu jedem Zeitpunkt gewahrt wird – das heißt, dass der Hersteller bzw. das Pharmaunternehmen, das die Packung in Umlauf brachte, nicht erfährt, in welcher Apotheke der Alarm ausgelöst wurde. Jede Alarmmeldung beinhaltet neben den Packungsdaten auch eine einzigartige sog. Alarm-ID sowie die Uhrzeit und eine pseudonymisierte Kennung der auslösenden Apotheke. Das pharmazeutische Unternehmen hat dann 7 Tage Zeit, die Warnmeldung zu überprüfen. Sollte sich herausstellen, dass es sich um eine Fehlermeldung handelt, findet eine sog. Deeskalation statt und der Prozess ist damit beendet. Stellt sich jedoch heraus, dass die Warnmeldung keineswegs fehlerhaft ausgesendet wurde, liegt ein konkreter Fälschungsverdacht vor, der dann wiederum vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) geprüft wird. Prüft das pharmazeutische Unternehmen nicht innerhalb der zuvor erwähnten 7 Tage die Warnmeldung, gehen die Daten automatisch zur Prüfung an das BfArM.
Vorteile von securPharm hinsichtlich der Fälschungssicherheit
- Digitale Echtheitsprüfung mit Ende-zu-Ende Verschlüsselung in Echtzeit.
- Jede Packung besitzt einen einzigartigen Data Matrix Code, der Fälschungen leichter erkennbar macht als zuvor.
- Die Beteiligung zweier separater Datenbanken (Apothekendatenbank & Datenbank der pharmazeutischen Hersteller), bringt eine doppelte Absicherung im Umgang mit den Daten mit sich.
- Die Beteiligung unterschiedlicher Akteure (Apotheken, pharmazeutische Hersteller, BfArM), sorgt für eine mehrstufige, unabhängige Prüfung der Verdachtsfälle.
- Das automatisierte Aussenden von Alarmen und Alerts gewährleistet, dass auch tatsächlich jeder Verdachtsfall erfasst wird und nicht etwa unter den Tisch fällt.
Wie wird mit ausländischen Arzneimitteln umgegangen?
Mit ausländischen Arzneimitteln ist dabei gleich umzugehen, wie mit deutschen Medikamentenpackungen. Jedes europäische Land besitzt ein nationales Verifikationssystem für Arzneimittel, auf das über den sog. europäischen Hub zugegriffen werden kann. Damit lassen sich ausländische Arzneimittel ebenso in Echtzeit auf ihre Echtheit überprüfen und ggf. Fälschungen entdecken.
Zahlen & Daten zur aktuellen Nutzung von securPharm im Gesundheitswesen
Aus der aktuellen "Zahlen, Daten, Fakten"-Broschüre der ABDA geht hervor, dass momentan über 18.700 öffentliche Apotheken an das securPharm System angeschlossen sind. Demgegenüber sind über 700 pharmazeutische Großhändler und über 415 pharmazeutische Hersteller Teil der Datenbanken. Insgesamt wurden über 2,1 Milliarden Packungsdaten in die Datenbanken hochgeladen (das sind knapp 1 Milliarde mehr als noch 2019). Im Schnitt finden außerdem 34 Millionen Transaktionen/ Woche statt, das sind rund 14 Millionen Transaktionen/ Woche mehr, als noch im Jahr 2019 – das zeigt, dass securPharm deutlich an Relevanz gewinnt.