Insolvenzrecht: Restrukturierung nach StaRUG – Ein Weg aus der Krise für Apotheken

Die wirtschaftlichen Herausforderungen für Unternehmen haben in den letzten Jahren spürbar zugenommen. Besonders Branchen wie die Apotheken sind stark betroffen. Die wirtschaftliche Lage für Apotheken hat sich in den letzten Jahren massiv verschlechtert. Steigende Betriebskosten, sinkende Margen und eine dünne Liquiditätsdecke führen immer mehr Apothekenbetriebe an den Rand der Zahlungsunfähigkeit. Für viele Inhaber ist dies eine existenzielle Bedrohung, die nicht nur die berufliche Existenz, sondern auch die persönliche Zukunft gefährdet. Doch es gibt einen Weg, diese Krise zu bewältigen, bevor es zur Insolvenz kommt: das StaRUG-Verfahren.

 

Warum Apotheken besonders unter Druck stehen

Apotheken sehen sich einer Vielzahl von Herausforderungen ausgesetzt. Zum einen steigen die Betriebskosten durch höhere Mieten, Energiepreise und Löhne kontinuierlich an. Zum anderen drücken sinkende Erstattungen durch Krankenkassen und der zunehmende Wettbewerb durch Online-Apotheken auf die Gewinnmargen. Viele Apotheken stehen daher vor dem Problem, ihre Liquidität aufrechtzuerhalten.

 

Die drohende Zahlungsunfähigkeit, bei der die Liquiditätskennziffer (LKZ) zwischen 0,9 und 1,0 liegt, ist für viele Apotheken eine unmittelbare Gefahr. Sobald dieser Wert unterschritten wird, droht die formale Zahlungsunfähigkeit – ein Zustand, der meist direkt zur Insolvenz führt. Genau hier setzt das StaRUG an: Es bietet einen rechtlichen Rahmen, um Schulden zu restrukturieren und die Liquidität wiederherzustellen.

 

Was ist das StaRUG-Verfahren?

Das Unternehmensstabilisierungs- und -restrukturierungsgesetz (StaRUG) wurde im Januar 2021 eingeführt, um Unternehmen eine Sanierung außerhalb der Insolvenz zu ermöglichen. Der Gesetzgeber orientierte sich dabei an der europäischen Restrukturierungsrichtlinie (EU 2019/1023). Ziel ist es, Unternehmen in wirtschaftlichen Schwierigkeiten einen rechtlichen Rahmen zu bieten, um Schulden zu restrukturieren und die Zahlungsfähigkeit wiederherzustellen, ohne den oft existenzbedrohenden Makel einer Insolvenz zu tragen.

Ein entscheidender Punkt: Das StaRUG ist nur für Unternehmen gedacht, die drohend zahlungsunfähig sind. Das bedeutet, dass sie zwar aktuell noch in der Lage sind, ihren finanziellen Verpflichtungen nachzukommen, absehbar jedoch in eine kritische Lage geraten könnten. Dieses Zeitfenster bietet eine wichtige Gelegenheit, aktiv gegenzusteuern – vorausgesetzt, die betroffenen Unternehmen handeln rechtzeitig.

 

Drohende Zahlungsunfähigkeit: Ein kritischer Moment

Die zentrale Kenngröße für die Zahlungsfähigkeit ist die sogenannte Liquiditätskennziffer (LKZ). Diese zeigt das Verhältnis zwischen den flüssigen Mitteln und den kurzfristigen Verbindlichkeiten eines Unternehmens an.

 

  • LKZ über 1,0: Das Unternehmen ist zahlungsfähig.
  • LKZ zwischen 0,9 und 1,0: Drohende Zahlungsunfähigkeit liegt vor.
  • LKZ unter 0,9: Das Unternehmen gilt als zahlungsunfähig.

 

Solange die LKZ noch über 0,9 liegt, können Unternehmen das StaRUG-Verfahren nutzen. Je früher die Probleme erkannt werden, desto größer sind die Erfolgsaussichten. Allerdings kommen viele Unternehmer erst dann, wenn der Druck enorm ist – oft ein Fehler, der Chancen zunichtemachen kann.

 

Der Restrukturierungsplan: Basis für den Erfolg

Ein zentrales Element der StaRUG-Restrukturierung ist der sogenannte Restrukturierungsplan. Dieser Plan legt die Sanierungsmaßnahmen sowie die geplante Reduzierung der Schulden fest. Auch die Rückzahlungsquote für Gläubiger wird darin definiert. Diese liegt typischerweise bei zehn bis 15 Prozent der ursprünglichen Verbindlichkeiten – deutlich mehr, als Gläubiger bei einer Insolvenz erwarten können, wo die durchschnittliche Quote nur bei etwa fünf Prozent liegt.

Ein weiterer Vorteil des Restrukturierungsplans ist die notwendige Zustimmung der Gläubiger. Anders als bei außergerichtlichen Einigungen, bei denen Einstimmigkeit erforderlich ist, genügt hier eine Drei-Viertel-Mehrheit der betroffenen Gläubiger. Damit wird das Verfahren wesentlich praktikabler, da einzelne Blockaden vermieden werden.

 

Die Rolle der Banken und Überbrückungskredite

Apotheken, die drohend zahlungsunfähig sind, benötigen oft eine kurzfristige Liquiditätsspritze, um die Zeit bis zur Restrukturierung zu überbrücken. Hier kommen Überbrückungskredite ins Spiel, die trotz der schwierigen finanziellen Lage von Banken bereitgestellt werden können.

 

Für die Banken ist dies eine kalkulierte Entscheidung: Ohne Restrukturierung droht der Apothekenbetrieb in die Insolvenz zu gehen, wodurch die Gläubiger im Durchschnitt 95 Prozent ihrer Forderungen abschreiben müssten. Mit einem Überbrückungskredit erhöhen sie ihre Chance auf eine Rückzahlung und sichern den Fortbestand des Unternehmens. Für Apotheker bedeutet dies, dass sie einen klaren und überzeugenden Sanierungsplan vorlegen müssen, um die Banken von ihrer Tragfähigkeit zu überzeugen.

 

Sanierung statt Liquidation: Vorteile des StaRUG-Verfahrens

Für Apotheken bietet das StaRUG-Verfahren eine Reihe von Vorteilen, die es von einer Insolvenz abheben:

 

  1. Erhalt der Betriebserlaubnis: Anders als bei einer Insolvenz bleibt die Apotheke weiterhin arbeitsfähig. Inhaber behalten ihre Betriebserlaubnis und riskieren nicht den Verlust ihrer Approbation.
  2. Schutz des Privatvermögens: Während bei einer Regelinsolvenz das gesamte private und geschäftliche Vermögen des Inhabers liquidiert wird, bleibt dieses im StaRUG-Verfahren unangetastet.
  3. Diskretion: Das Verfahren läuft nicht öffentlich ab, wodurch das Ansehen der Apotheke in der Gemeinde und bei den Kunden geschützt bleibt.
  4. Schuldenschnitt: Die Reduktion der Verbindlichkeiten ermöglicht eine schnelle finanzielle Entlastung und schafft Raum für die betriebliche Neuausrichtung.
  5. Steuerfreiheit: Der Schuldenschnitt muss nicht versteuert werden, was eine zusätzliche finanzielle Belastung vermeidet.

 

Herausforderungen und Grenzen des Verfahrens

Trotz seiner Vorteile ist das StaRUG kein Selbstläufer. Es erfordert vom Unternehmer eine hohe Eigeninitiative und die Bereitschaft, bestehende Probleme konsequent anzugehen. Viele Unternehmen haben keine ordentliche Liquiditätsplanung oder kämpfen mit chaotischen Buchhaltungsunterlagen. Diese Missstände müssen behoben werden, bevor eine Restrukturierung möglich ist.

Ein weiteres Hindernis ist die Zeit. Unternehmer, die zu lange zögern, verlieren wertvolle Möglichkeiten zur Sanierung. Ist die Liquiditätskennziffer erst einmal unter die kritische Schwelle von 0,9 gerutscht, wird die Restrukturierung deutlich schwieriger.

 

Der Weg zur nachhaltigen Sanierung

Der Erfolg einer StaRUG-Restrukturierung hängt nicht nur von der finanziellen Entschuldung ab, sondern auch von einem strukturellen Turnaround. Hier sind strategische und operative Maßnahmen gefragt:

 

  • Überprüfung und Anpassung des Geschäftsmodells
  • Effizienzsteigerung in den betrieblichen Abläufen
  • Kostenreduktion und stärkere Kundenorientierung

 

Diese Veränderungen sind oft der Schlüssel zu einem langfristig erfolgreichen Unternehmen, das nach der Krise wieder wettbewerbsfähig ist.

 

Fazit: Zeitnah handeln, Chancen nutzen

Das StaRUG-Verfahren ist eine wichtige Neuerung im deutschen Insolvenzrecht und bietet Unternehmen in wirtschaftlichen Schwierigkeiten eine zweite Chance. Für Apotheker, die finanzielle Schwierigkeiten haben, ist das StaRUG-Verfahren eine wertvolle Chance, die Krise zu überwinden und den Betrieb zu erhalten. Es bietet einen Weg, die Zahlungsfähigkeit wiederherzustellen, ohne den schweren Makel einer Insolvenz zu tragen. Doch der Erfolg hängt entscheidend davon ab, rechtzeitig die richtigen Schritte einzuleiten und professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen.

 

Die wirtschaftliche Lage bleibt für Apotheken herausfordernd, aber das StaRUG zeigt, dass es auch in schwierigen Zeiten Hoffnung gibt. Mit einer klaren Strategie, einer transparenten Liquiditätsplanung und einem starken Restrukturierungsplan können Apotheker ihre Betriebe retten – und ihnen eine Zukunft geben.

 

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