Die wirtschaftliche Lage der Apotheken in 2024: Ein Blick auf eine Branche unter Druck
Die Apothekenlandschaft in Deutschland steht im Jahr 2024 unter erheblichem wirtschaftlichem Druck. Mehrere Faktoren, darunter stagnierende Vergütungen, steigende Betriebskosten und strukturelle Veränderungen im Gesundheitswesen, haben zu einer angespannten Lage geführt. Dieser Artikel beleuchtet die Herausforderungen, denen Apotheken aktuell gegenüberstehen, die Entwicklung der Apothekenvergütung, die Auswirkungen auf betriebswirtschaftliche Ergebnisse und die Zukunftsaussichten der Branche.
Anhaltender Rückgang der Apothekenzahl
Die Zahl der Apotheken in Deutschland sinkt seit Jahren kontinuierlich, und diese Entwicklung hat sich 2024 beschleunigt. Laut aktuellen Zahlen der ABDA (Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände) schlossen im ersten Halbjahr 2024 insgesamt 283 Apotheken ihre Türen, während nur 24 Neugründungen registriert wurden. Im Vergleich dazu schlossen im ersten Halbjahr 2023 238 Apotheken und im Jahr 2022 waren es 205. Die Nettoabnahme zeigt, dass immer mehr Apotheken in immer kürzeren Abständen schließen müssen. Dies führt zu einer insgesamt sinkenden Apothekendichte in Deutschland, die mit 21 Apotheken pro 100.000 Einwohner weit unter dem europäischen Durchschnitt liegt.
Vergütungsstruktur und ihre Entwicklung
Ein wesentlicher Faktor für die wirtschaftliche Schwäche vieler Apotheken ist die stagnierende Vergütungsstruktur. Das Apothekenhonorar wurde 2004 auf 8,10 Euro pro rezeptpflichtige Arzneimittel festgelegt und erst 2013 auf 8,35 Euro erhöht. Diese Vergütung deckt längst nicht mehr die gestiegenen Kosten für Personal und Betrieb. Hinzu kommt ein Apothekenabschlag von derzeit 2,00 Euro (inkl. MwSt.), der bei Arzneimitteln zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) das effektive Honorar weiter reduziert.
Die Zahlen zeigen, dass die Apothekenvergütung im Vergleich zu anderen wirtschaftlichen Indikatoren unterdurchschnittlich gestiegen ist. Während der Verbraucherpreisindex (Inflationsrate) seit 2013 um 28,9 % und die Tariflöhne in Apotheken um 40,5 % gestiegen sind, liegt der Anstieg der Apothekenvergütung nur bei 10,2 % (2013 = 100). Im gleichen Zeitraum stieg das nominale Bruttoinlandsprodukt um 51,0 % und die Einnahmen der GKV um 63,8 %. Diese Diskrepanz verdeutlicht, dass die Vergütungsanpassungen nicht mit den allgemeinen wirtschaftlichen Entwicklungen Schritt gehalten haben.
Wirtschaftliche Herausforderungen und betriebswirtschaftliche Ergebnisse
Die wirtschaftlichen Herausforderungen für Apothekeninhaber sind vielfältig und komplex. Neben der unzureichenden Vergütung sind vor allem die steigenden Betriebskosten ein großes Problem. Der durchschnittliche Nettoumsatz einer Apotheke in Deutschland beträgt 3,44 Millionen Euro pro Jahr, jedoch werden etwa vier Fünftel dieses Umsatzes für den Wareneinsatz aufgewendet. Von dem verbleibenden Rohertrag müssen Personal- und sonstige Kosten gedeckt werden. Dies führt zu einem stark geschrumpften steuerlichen Betriebsergebnis.
Die Betriebskosten der Apotheken sind in den letzten Jahren kontinuierlich gestiegen. Seit 2013 haben sich die Personalkosten um 76 % erhöht, während andere abzugsfähige Kosten um 41 % gestiegen sind. Insgesamt sind die Gesamtkosten um 61 % gestiegen, was die betriebswirtschaftliche Situation weiter belastet. Der Gewinn vor Steuern für Apotheken ist dementsprechend von 210.000 Euro im Jahr 2021 auf 148.000 Euro im Jahr 2023 gesunken. Bemerkenswert ist, dass 10 % der Apotheken inzwischen rote Zahlen schreiben und weitere 24 % der Apotheken nur knapp tragfähige Betriebsergebnisse erzielen.
Die Herausforderungen der typischen Apotheken
Die finanzielle Situation vieler Apotheken spiegelt sich auch in den Ergebnissen der sogenannten „typischen Apotheken“ wider. Diese Apotheken, die in Deutschland am häufigsten vorkommen und Umsätze zwischen 2,25 und 2,50 Millionen Euro erzielen, hatten 2023 ein durchschnittliches Betriebsergebnis von nur 104.000 Euro. Dies liegt etwa 30 % unter dem branchenweiten Durchschnitt und verdeutlicht die wirtschaftlichen Schwierigkeiten kleinerer und mittlerer Apotheken, die mit den steigenden Kosten und der stagnierenden Vergütung kämpfen.
Die unzureichende Vergütungspolitik und die steigenden Kosten haben nicht nur Auswirkungen auf das Betriebsergebnis, sondern auch auf die strategische Ausrichtung der Apotheken. Die Bereitschaft, in die Modernisierung der Apotheken und die Ausbildung von Nachwuchskräften zu investieren, sinkt. Personalmangel und Schwierigkeiten bei der Nachwuchsgewinnung sind direkte Folgen dieser wirtschaftlichen Herausforderungen.
Gesundheitspolitische Rahmenbedingungen und Zukunftserwartungen
Ein weiterer belastender Faktor für die wirtschaftliche Lage der Apotheken sind die aktuellen gesundheitspolitischen Rahmenbedingungen. Apothekeninhaber berichten von einem hohen Maß an Bürokratie und einem Mangel an Planungssicherheit. Die politischen Entscheidungen, wie die Einführung des erhöhten Apothekenabschlags und die unzureichende Anpassung der Vergütung, haben die Stimmung in der Branche weiter getrübt. Der von aposcope erhobene Apotheken Geschäftsklima Index (AGI) erreichte im Juni 2024 mit -26 ein neues Allzeittief, was die pessimistische Erwartungshaltung der Apothekeninhaber widerspiegelt.
Die Zukunftsaussichten der Apotheken sind demnach wenig optimistisch. Nur 6 % der Befragten glauben, dass sich die wirtschaftliche Situation in den nächsten drei Monaten verbessern wird. Die Mehrheit der Apothekeninhaber erwartet keine signifikanten positiven Veränderungen und sieht die Notwendigkeit für umfassende Reformen im Gesundheitssystem, um eine nachhaltige Verbesserung der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen zu erreichen.
Fazit
Die wirtschaftliche Lage der Apotheken in Deutschland im Jahr 2024 ist kritisch. Die Kombination aus einer unzureichenden Vergütungsstruktur, steigenden Betriebskosten und unvorteilhaften gesundheitspolitischen Rahmenbedingungen hat zu einer zunehmend belastenden Situation geführt. Viele Apotheken kämpfen mit sinkenden Gewinnen und steigenden Verlusten, was die Schließung von Apotheken in immer kürzeren Abständen zur Folge hat.
Ohne signifikante Anpassungen in der Vergütungspolitik und Reformen zur Entbürokratisierung und Verbesserung der Zusammenarbeit im Gesundheitswesen könnten noch mehr Apotheken schließen, was die flächendeckende Versorgung mit Arzneimitteln und die pharmazeutische Beratung in Deutschland gefährden würde. Eine nachhaltige Lösung erfordert eine angemessene Vergütung, die die wirtschaftlichen Realitäten der Apotheken berücksichtigt, sowie eine Stabilisierung der gesundheitspolitischen Rahmenbedingungen.
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