Die Pleite des Apothekenrechenzentrums AvP betrifft auch die Zahlungen des Nacht- und Notdienstfonds (NNF). Diese wurden immer über das Rechenzentrum abgewickelt. Apotheken sind beim Nacht- und Notdienstfond sogar in doppelter Hinsicht betroffen.
Der Nacht- und Notdienstfond (NNF)
Der NNF wurde 2013 als wirtschaftliche eigenständige Abteilung des Deutschen Apothekerverbandes e.V. (DAV) ins Leben gerufen und hat sich seitdem zu einer zentralen Abrechnungs- und Verwaltungsstelle für Apotheker etabliert. Ziel des NNF ist es, die Apotheken auch außerhalb der normalen Geschäftszeiten bei der ordnungsgemäßen und flächendeckenden Arzneimittelversorgung zu unterstützen. Für verkaufte Packungen muss eine Apotheke einen bestimmten Betrag an den NNF abgeben. In vierteljährlichem Abstand erhält der Apotheker dann eine Abrechnung über die geleisteten Nacht-/Notdienste. Für jeden geleisteten Notdienst gibt es eine Aufwandserstattung aus dem Fond zurück.
Fehlende Zahlungen für das zweite Quartal
Nachdem AvP Insolvenz angemeldet hatte zeigte sich relativ schnell, dass die Auszahlungen des Nacht- und Notdienstfonds für das zweite Quartal davon betroffen sind. Der NNF hatte am 11. September die Notdienstpauschalen für das zweite Quartal an AvP überwiesen. AvP stellte jedoch kurz darauf seine Zahlungen ein, das Geld wurde demnach nie an die Apotheken ausgezahlt. Der Versuch des NNF, die Gelder zurückzufordern, brachte keinen Erfolg. Die Gelder gehören demnach zur Insolvenzmasse. Sie sind des Weiteren keine Forderungen des NNF, sondern die der einzelnen Apotheker. Das bedeutet, jeder Apotheker muss die ausstehenden Zahlungen aus dem Nacht- und Notdienstfond eigenständig im Insolvenzverfahren geltend machen. Als Nachweis kann eine Kopie des Auszahlungsbescheides für das zweite Quartal genutzt werden. Die notwendigen Daten stellt der NNF zur Verfügung.
Fehlende Überweisungen an den NNF für das dritte Quartal
Als sei dies nicht genug, kommen jetzt noch weitere Probleme, diesmal für das dritte Quartal hinzu. Damit sind die AvP-Apotheken hinsichtlich des Nacht- und Notdienstfonds doppelt betroffen. Für August und September hatte AvP die Menge der abgegebenen Packungen zwar an den NNF gemeldet, jedoch nicht die daraus resultierenden Abführungsbeträge überwiesen. Weil die Inhaber für diese Beträge persönlich haften, sind laut NNF nun die Apotheken in der Pflicht. In einer Stellungnahme heißt es:
„Da es sich bei den Abführungsbeträgen schuldrechtlich – trotz eventuell bereits erfolgter Abrechnung der AvP gegenüber den Kostenträgern – um eine Verbindlichkeit des/r Apothekers*in gegenüber dem NNF handelt, werden die Fehlbeträge der Monate Juli, August und September 2020 im Verpflichtungsbescheid für das III. Quartal 2020 als Bestandteil der offenen Forderungen ausgewiesen.“
Kurz gesagt, die Apotheken zahlen im schlimmsten Fall doppelt. Sie können lediglich versuchen, die bereits abgeführten Festzuschläge für die oben genannten Monate bei AvP-Insolvenzverwalter Dr. Jan-Philipp Hoos geltend zu machen.
Damit die betroffenen Apotheken zumindest etwas entlastet werden, hat der DAV in einer Abstimmung mit dem Bundesgesundheitsministerium (BMG) einen Aufschub der Zahlungen erwirkt. Die Forderungen für das dritte Quartal werden bis Ende Februar 2021 zinslos gestundet. Außerdem wird die in diesem Fall übliche Gebühr für die Schätzung nicht berechnet. Damit soll den Apotheken im Rahmen der gesetzlichen Möglichkeiten etwas Luft verschafft werden.
Forderungseinzug für das vierte Quartal
Für das vierte Quartal wird zusätzlich auf den Forderungseinzug verzichtet. Dadurch sinkt zwar die Gesamtsumme im Topf und entsprechend die Notdienstpauschale für alle Apotheken, im neuen Jahr steht dann jedoch eine erhöhte Notdienstpauschale an, da das Geld einfach später ausgezahlt wird.