Der pharmazeutische Großhandel ist für die Apotheke der wohl wichtigste Lieferant. Aus diesem Grund steht es außer Frage, dass er großen Einfluss auf deren Wirtschaftlichkeit nimmt. Doch gerade was die Wirtschaftlichkeit betrifft steht es um die Großhandelsbranche derzeit nicht allzu gut. Die Branche klagt über niedrige Umsatzrendite, Skonti und intensiven Preiswettbewerb, der zwar gut für die Abnehmer-Apotheken sind, jedoch schlecht für die Großhändler an sich. Weiterhin erscheint Wachstum nur durch Abwerben oder Übernahme von Konkurrenten möglich - Alles in allem eine missliche Lage, die auf lange Sicht auch die Apothekenbranche betrifft.
Vergütung des pharmazeutischen Großhandels
Im Grunde verläuft die Vergütung des Großhandels ganz simpel: Für die Lieferung von rezeptpflichtigen Arzneimitteln erhält der jeweilige Pharmagroßhandel einen Festzuschlag von 0,70€ pro Packung. Zusätzlich ist es den Pharmagroßhändlern erlaubt ein Aufschlag von bis zu 3,15% des Abgabenherstellerpreises zu erheben. Der Bundesgerichtshofs entschied im Jahr 2018, dass Skonti und Rabatte nicht in ein und denselben Topf zu werfen sind. Nicht umsonst werden sie traditionell in der Buchhaltung unterschiedlich verbucht. Das heißt, Großhändler können neben Skonti zusätzlich Rabatte anbieten und müssen auf Rx-Arzneimittel keinen Mindestpreis erheben. Das hat auch Vorteile für Apotheken, denn die wirtschaftliche Belastung für den Einkauf von Arzneimitteln sinkt dadurch. Lediglich der Zuschlag von 0,70€ pro Packung ist ein Fixum, das nicht rabattierbar ist. Durch das Urteil des BGH bleibt also die Gestaltungsfreiheit der Einkaufskonditionen- und Vorteile erhalten. Gleichzeitig bleibt die Planungssicherheit für alle Beteiligten erhalten.
Skonto vs. Rabatt: Worin besteht der Unterschied?
Als Skonto bezeichnet man einen Preisnachlass auf den jeweiligen Rechnungsbetrag bei sofortiger Bezahlung/ Einhaltung einer kurzen Zahlungsfrist. Das Skonto ist demnach an eine Bedingung gebunden.
Rabatte werden in der Regel nur dann gewährt, wenn ein Apotheker eine gewisse Menge kauft oder ein bestimmtes Bestellverhalten an den Tag legt. So kann ein Pharmagroßhändler ab einer Bestellmenge von 500 Packungen bspw. einen Rabatt von pauschal 15€ gewähren. Bietet er dem Apotheker zusätzlich eine Skonto-Vereinbarung an, so kann er bspw. festlegen, dass bei Zahlungseingang 7 Tage nach Erhalt der Ware ein zusätzlicher Preisnachlass von x gewährt wird.
Organisation von Pharmagroßhandelsunternehmen
- große, international agierende Unternehmen (Phoenix, Gehe, McKesson/ Celesio)
- Genossenschaften, die vollständig/ hauptsächlich in Apothekerhand sind (Noweda, Sanacorp)
- private mittelständische Pharmagroßhändler (C. Krieger, Richard Kehr, Leopold Fiebig etc.)
Funktionen des pharmazeutischen Großhandels
Die primäre Aufgabe des Großhandels ist es, die richtige Ware, am richtigen Ort, zur richtigen Zeit, in der richtigen Menge, in der richtigen Qualität und zu möglichst geringen Kosten bereitzustellen. Er ist für die Apothekenbranche also in jedem Fall unverzichtbar
Sein Aufgabengebiet beinhaltet also auch die Lagerhaltung, die Lieferfähigkeit und die permanente Verfügbarkeit von Ware. Bei ihm entstehen also Kapitalbindungskosten und Kosten der Lagerhaltung, die für das Vorhalten der Ware anfallen. Gleichzeitig übernimmt der Pharmagroßhandel das Absatzrisiko des Herstellers und das Beschaffungsrisiko seiner Kunden. Auch um den Transport kümmert sich der Großhandel. Auf Bedarfe soll so schnell wie möglich reagiert werden können, dies hängt ebenfalls eng mit der Lagerhaltung zusammen. Der Pharmagroßhändler Gehe beliefert Kunden bspw. im Schnitt drei Mal täglich.
Eine weitere wichtige Aufgabe die der pharmazeutische Großhandel übernimmt ist die Sortimentbündelung. Angenommen 100 Produzenten und 100 Abnehmer wollen jeweils einzeln miteinander in Kontakt treten, ergeben sich 10.000 Kontakte. Schaltet sich nur der Großhandel als Mittler zwischen Produzent und Abnehmer ein, reduziert sich die Anzahl der Kontakte auf 200. Durch den Großhändler als Bindeglied werden also Kosten für Zeit und Aufwand beider Beteiligten eingespart und die Effizienz erhöht.
Der Pharmagroßhandel als Mittler
In seiner Rolle als Mittler kennt der Großhandel demnach auch alle Absatzkanäle sowie Produkte und Sortimente. So kann er Informationen bezüglich bestimmter Hersteller und Waren an die Apotheken weitergeben. Gleichzeitig übernehmen viele Pharmagroßhändler quasi die Funktion einer Bank, da sie durch eine spätere Rechnungsstellung, eine Verlängerung der Zahlungsfrist (bei normaler Rechnungsstellung) oder die Gewährung finanzieller Spielräume die Liquidität der Apotheken verbessern. Apotheker eröffnet sich somit die Möglichkeit, finanzielle Spielräume für ihre eigenes Marketing oder sonstige Aktivitäten zu nutzen.
Der Großhandel als wichtiges Instrument der Qualitätssicherung
Ware und ganz besonders natürlich Arzneimittel müssen auf ihre Funktionsfähigkeit, Richtigkeit, Haltbarkeit und Sicherheit hin überprüft werden. In einer Vielzahl der Fälle übernimmt diese wichtige Aufgabe ebenfalls der Pharmagroßhandel - und das gleich in zweierlei Hinsicht:
Qualitätssicherung nach Eingang der Ware vom Hersteller
Qualitätssicherung nach Redistribution der Ware vom Abnehmer à Der Großhandel lagert nur diejenigen Arzneimittel und sonstigen pharmazeutischen Waren wieder ein, wenn diese die qualitativen Anforderungen erfüllen
Großhandelsrabatte in der Pharmaindustrie
Mit der Absenkung der Großhandelsrabatte durch die Änderung der Arzneipreismittelverordnung (AMNOG) von 2012 wurde die Vergütung des Großhandels auf ein sog. Honorarmodell umgestellt. In der Folge wurden alsdann auch die bisher zugelassenen Rx- und Non-Rx-Konditionen gekürzt, was negative Auswirkungen auf den pharmazeutischen Großhandel und die Wirtschaftlichkeit der Apothekenbranche hatte. Durch den 2014 (wieder-)eingeführten Handelsspannenausgleich wurde versucht, der misslichen Lage entgegenzuwirken.
Handelsspannenausgleich: Was bedeutet das eigentlich?
Beim Handelsspannenausgleich ermittelt ein Großhändler x zunächst die gemäß der Arzneimittelpreisverordnung erwirtschaftete Spanne der Bestellung von Rx-Ware. Er legt also die Marge fest, die er pro Packung verdienen möchte. Durch die Umstellung auf das Honorarmodell bringen vergleichsweise günstige Packungen für den Pharmagroßhändler eine höhere Marge. In einem zweiten Schritt stellt er diesem Wert dann einen Sollwert gegenüber. Wird dieser Wert bei der Gegenüberstellung vom Apotheker beim Einkauf überschritten, so werden in der Folge die vereinbarten Rabatte bzw. Einkaufsvorteile gekürzt. Es handelt sich also um ein simples Bonus-Malus Modell. Wer sich an die Vereinbarungen hält, wird belohnt, wer das nicht tut, muss mit Sanktionen rechnen. In diesem Fall mit einer Kürzung des Rabatts. Möchte ein Großhändler bei Rx-Arzneimitteln bspw. eine Marge von 6,33% erreichen, so wäre dies nur dann möglich, wenn der Packungswert 20,71€ beträge. Da die Preise für Arzneimittel jedoch stetig steigen, liegt der durchschnittliche Einkaufspreis von Apotheken bei rund 24,50€. Der Großhändler würde hierbei also nicht die gewünschte Marge von 6,33% sondern lediglich von 5,82% erreichen. Die Folge: Einer de beiden Beteiligten muss in den sauren Apfel beißen und kürzer treten. Denn bestehe der Großhändler auf seine Marge von 6,33%, hätte dies verehrende Folgen für den Apotheker: Bei einem Einkaufvon 20.000€/ Monat würde Letzterer einen Verlust von 1224€/ Jahr verzeichnen müssen.
Können Apotheker Einfluss auf diese ermittelte Spanne nehmen?
Kurz und schmerzlos: Nein kann er nicht. Und zwar deshalb, da sie vom Verordnungsverhalten seiner Ärzte abgängig ist. Wer bspw. in einer Ärztehausapotheke vor allem hochpreisige Rezepte und Verordnungen vom Onkologen beliefert, hat eine vergleichsweise niedrige Handelsspanne und einen dementsprechend hohen Handelsspannenausgleich. Im Umkehrschluss haben Centerapotheken eine relativ hohe Spanne, dagegen einen niedrigen Ausgleich - bekommen also weniger bis gar keinen Bonus.
Auch wenn der Apotheker also nicht direkt Einfluss auf die Handelsspanne nehmen kann, so kann er dennoch versuchen, mit dem Großhändler zu über bestimmte Konditionen zu verhandeln. Man könnte bspw. vereinbaren, dass ein Rabatt von 3% erhalten bleibt, auch wenn der Handelsspannenausgleich eine Senkung vorsehen würde. Dass solche Verhandlungen heikle Angelegenheiten sind, steht außer Frage. Im Idealfall übernimmt dies ein auf den Heilberuf ausgerichteter Steuerberater.
Tipp vom Experten: Verhandeln Sie Einkaufskonditionen im Verbund.
Ein gutes Beispiel liefert die Firma Algebra, ein Verbund aus 135 Apotheken, die die Konditionen mit dem Großhandel zentral verhandelt. Das heißt alle Apotheken dieses Verbunds haben als Hauptlieferanten denjenigen Großhändler x (derzeit Phoenix), der ihnen die besten Konditionen anbietet. Der Vorteil eines derartigen Zusammenschlusses ist offensichtlich: Mindestbestellmengen und an gewisse Forderungen geknüpfte Bedingungen für Rabatte können durch solche Sammelbestellungen leichter erreicht werden. Die wirtschaftliche Belastung für einzelne Apotheken sinkt also. Doch dieses Konzept ist auch an eine Bedingungen gebunden: Als Vollmitglied der Algebra GmbH bezahlt man monatlich 387€ (exkl. MwSt.).
Prüfung von Großhandelsrechnungen in der Pharmaindustrie
Geht eine Rechnung vom Großhandel beim Apotheker ein, sollte dieser sich stets die Zeit für eine ausführliche Rechnungskontrolle nehmen. Denn auch wenn Pharmagroßhändler mit ihren Kunden prinzipiell keine Spielchen treiben, kommt es immer mal wieder vor, dass sich unbewusst Abweichungen und Fehlern einschleichen.
Zu beachten ist auch, dass Apotheker bereits während des Bestellvorgangs stets um eine schriftliche Ausfertigung der Vereinbarung bitten sollten. Denn nur was schwarz auf weiß vorliegt kann im Nachgang kontrolliert werden!
Das wohl größte Problem bei der Prüfung von Großhandelsrechnungen ist wohl die Tatsache, dass jeder pharmazeutische Großhändler im Grunde eine andere Art der Abrechnung hat. Dabei variieren in erster Linie die Darstellung und die Begriffe und Bezeichnungen für Umsatzbestandteile und Rabatte. Dies führt bei Apothekern häufig zu Verwirrung. Die Folge: Die Rechnung kann nicht richtig gelesen bzw. verstanden und demnach nicht kontrolliert werden. Wir haben Ihnen in der nachfolgenden Tabelle die unterschiedlichen Bezeichnungen für den verhandelten Rabatt auf Rx-Arzneimittel und den dazugehörigen Großhandel zusammengestellt.
Großhandel | Bezeichnung für den verhandelten Rabatt |
Anzag | Umsatzbonus und Mengenbonus, eher selten: Rx-Bonus |
Ebert + Jacobi | Rx-Bezug |
Fiebig | Monatsvergütung |
Gehe | G-Max-Bonus und Rx-Mengenbonus |
Hageda Stumpf | Rx-Partnerrabatt und Rx-Partner-Sortimentrabatt |
Geilenkirchen | Rx-Rabatt |
Kehr | Rx/RAP-Umsatz Rx |
Jenne | Rx rabattfähig |
Noweda | (Rx)Standartsortiment |
Phoenix | Rx-Rabatt und Sortimentrabatt |
Sanacorp | Vergütung Rx-Umsatz oder Rx-Plus |
Vorsicht, Rabatte vom Großhandel sind nicht alles!
Bei der Wahl für oder wider Geschäfte mit einem pharmazeutischen Großhandel sollte nicht ausschließlich auf die jeweils angebotenen Rabatte geachtet werden. Denn eine Apotheke steht und fällt auch mit der Leistungs- und Lieferfähigkeit seiner Großhändler und deren Sortiment. Denn der höchste Rabatt nützt dem Apotheker nichts, wenn er die bestellte Ware nicht oder nur unzureichend erhält. Gleichzeitig sollten auch Retoureregelungen, telefonische Service- oder Marketingleistungen bei der Entscheidung miteinbezogen werden. Auch hier ist der ideale Ansprechpartner ein Steuerberater mit Fachausrichtung auf den Heilberuf.
Sie brauchen Unterstützung bei der Verhandlung mit dem Großhandel?
Wir beraten Sie gern!