Was ist ein E-Rezept konkret?
In Zukunft sollen ärztliche Rezepte nicht in Papierform, sondern elektronisch erstellt und übermittelt werden (E-Rezept für elektronisches Rezept). Wenn ein Patient also in Deutschland künftig ein Medikament verschrieben bekommt, wird es möglich sein die Informationen zwischen Arzt und Apotheke sowie Krankenkasse über den elektronischen Weg mithilfe eines zentralen Informationssystems zu übermitteln. Jegliche Institutionen des Gesundheitssystems können die Daten dann online auslesen. Es wird also nicht mehr nötig sein, die Rezepte dem jeweiligen Apotheker am Schalter persönlich zu übergeben.
Rechtliche Regelungen
Nach Paragraph §86 des Sozialgesetzbuches soll es ab dem 1. Februar 2020 möglich sein, ärztliche Verordnungen und Verschreibungen in elektronischer Form zu nutzen. Ziel dieser Verordnung durch den Gesetzgeber ist es, Ärzte, Apotheker sowie Patienten zu entlasten. Das Arzneimittelgesetz enthält diesbezüglich bereits eine Ermächtigung für den Verordnungsgeber (also den jeweiligen Arzt), das elektronische Rezept einzuführen. Damit das elektronische Rezept jedoch tatsächlich Eingang in den Markt findet, müssen Rahmenverträge und Arzneimittelabrechnungsvereinbarungen zwischen dem Spitzenverband und den Spitzenorganisationen der Apotheker ausgehandelt werden. Derzeit gehe man nämlich noch Rezepten in Papierform aus.
Vor- und Nachteile des E-Rezepts
PRO E-Rezept
Einer der wohl größten Vorteile des elektronischen Rezepts ist der Verzicht auf Papier. Des weiteren sind weniger Übertragungsfehler möglich als bspw. bei herkömmlichen Rezepten, da diese oft handschriftlich geschrieben sind, also schlecht lesbar und falls maschinell angefertigt, falsch interpretiert oder durch mangelnde Druckqualität nur bedingt lesbar sind. Beim elektronischen Rezept ist dies nicht der Fall. Durch die elektronische Datenverarbeitung wird also auch ein Stück weit Verlässlichkeit garantiert. Ein weiterer großer Pluspunkt der eRezepte ist die Möglichkeit, Arzneimittel unmittelbar und zeitsparend zu bestellen. Dies hat natürlich auch Folgen für den Onlineversandhandel. Kosteneinsparungen hinsichtlich der Archivierung der Papierbelege sowie der Entfall der Portokosten für Rezeptversand sprechen sicherlich auch für das eRezept. Im Punkto Flexibilität bietet es zudem Vorteile. So können bspw. Rezeptnachbestellungen über den digitalen Weg stattfinden oder Rezepte kurzfristig ohne großen Aufwand aktualisiert werden.
CONTRA E-Rezept
Wie zu erwarten, bringt das elektronische Rezept nicht nur Vorteile mit sich. Ein Risiko dass diese Form von Rezept birgt ist der Missbrauch der gespeicherten Rezeptdaten. Einzelne Apotheker sowie Ärzte bemängeln zudem, Einsparungen was Kosten und Aufwand betrifft würden lediglich den Krankenkassen zugutekommen. Die Verwendung einer zentralen Datenbank des Gesundheitssystems setzt außerdem voraus, dass flächendeckend eine verlässliche Internetverbindung besteht – was Stand heute nicht der Fall ist. Das eRezept ist also auch mit hohen Investitionskosten für alle Partner des Gesundheitswesen verbunden.
Auch auf Seiten der Endverbraucher ist man kritisch: eRezepte sind für Patienten nicht transparent, da sie nicht nachlesen können, was genau der Arzt verschreibt. Auch hinsichtlich des Datenschutzes gibt es Bedenken. Das eRezept wäre ein weiterer Schritt in Richtung des gläsernen Menschen.
Außerdem wird es in der Praxis sicherlich Fälle geben, bei denen herkömmliche Rezepte eingesetzt werden müssen. So in etwa bei Ausfall des Computersystems, bei Verlust oder Beschädigung der Karte oder gar bei einem Hausbesuch durch den Arzt. Das macht es also erforderlich, sowohl das elektronische als auch das herkömmliche bürokratische System zu pflegen.
Die wohl größte Hürde die es in Bezug auf das eRezept zu meistern gilt ist die elektronische Signatur. Denn ohne Signatur des behandelnden Arztes ist ein Rezept nicht gültig. Vorgesehen ist hier die Verwendung des elektronischen Ärzteausweises in Kombination mit einer persönlichen Identifikationsnummer. Es lässt sich darüber streiten ob das Erstellen einer elektronischen Signatur tatsächlich zeitsparender ist als das Rezept auf herkömmliche Weise zu unterschreiben.
Studie zur Apothekenentwicklung
Eine Studie der Marketingagentur Dr. Kaske prophezeit, dass bis 2030 die Zahl deutscher Apotheken von derzeit 19.423 auf nur noch 11.900 sinken könnte. Dies wäre dann der Fall, wenn das E-Rezept flächendeckend in Deutschland eingeführt werden würde. Derzeit laufen diesbezüglich noch Tests, doch man ist sich sicher: das E-Rezept wird kommen. Bleibt nur die Frage wann und welche Auswirkungen das für den aktuellen Apothekenmarkt haben wird.
Die Agentur stellte dies anhand von drei Szenarien dar:
Szenario 1
Was passiert konkret?
- E-Rezept wird nicht im Frühjahr 2020 eingeführt
- Grund: Bedenken aufgrund des Datenschutzes
Auswirkungen
- Rezepte müssen nach wie vor in Papierform beim Apotheker eingereicht werden
- Vor-Ort Apotheken behalten eindeutigen Vorteil gegenüber Versand-Apotheken
Szenario 2
Was passiert konkret?
- E-Rezept wird im Frühjahr 2020 eingeführt, Ärzte/ Patienten nutzen es nach und nach (zunächst herrscht Skepsis)
Auswirkungen
- Online-Apotheken erleben Aufschwung
- Vor-Ort Apotheken ‚schwächeln‘, können sich jedoch zunächst noch gegen den Versandhandel behaupten
Szenario 3
Was passiert konkret?
- E-Rezept wird 2020 eingeführt, wird von der breiten Masse direkt positiv angenommen
Auswirkungen
- Ärzte/ Apotheker müssen sich auf die Digitalisierung des Rezeptes einstellen und in technische Erweiterungen investieren
- Online-Apotheken werden beliebter.
Grund: Convenience und bequeme 1-Klick Bestellung - Vor-Ort Apotheken haben das Nachsehen, viele werden schließen müssen
Zu beachten ist jedoch, dass die einzelnen Szenarien zudem stark von politischen Rahmenbedingungen und regulatorischen Mechanismen abhängig sind. Zudem spielen Kundenbindung, das Vertrauen der Patienten gegenüber digitalen Medien und der tatsächliche Convenience Faktor eine Rolle. Denn nicht für jeden Patienten ist es tatsächlich bequemer, Medikamente über das Internet zu bestellen.
Die Agentur führte des weiteren eine Umfrage unter Apothekern und Verbrauchern durch. Befragt wurden eigenen Angaben zufolge 5.000 Verbraucher und 235 Apotheker. Dabei kam heraus, dass sich rund 60% der befragten Verbraucher eine Ablösung des Papier-Rezepts durch das E-Rezept „eher nicht“ oder „gar nicht“ vorstellen können. 50% der Apotheker können sich ebenfalls nicht vorstellen, dass das E-Rezept gänzlich abgeschafft wird. Dabei wurde auch ein weiteres Zukunftsszenario entwickelt:
Szenario 4:
Das E-Rezept wird 2020 eingeführt. Der jeweilige (Haus-)Arzt bzw. Facharzt sendet nach der Untersuchung des Patienten das E-Rezept direkt an die Online-Apotheke seiner Wahl und das Arzneimittel wird binnen weniger Tage an den Patienten nach Hause geliefert.
Auswirkungen: Abgesehen davon, dass dieses Szenario nach dem heutigen rechtlichen Stand illegal ist, da es gegen die „freie Apothekenwahl“ verstößt, hat es massive Auswirkungen für den Apothekenmarkt. Apotheken wären noch stärker abhängig von Kooperationen/ Zusammenarbeit mit Ärzten. Dies könnte auch dazu führen, dass Apotheken sich (sofern dies rechtlich bis dahin geregelt wäre) zusammenschließen würden – Apotheken-Ketten und große Verbünde wären die Folge. Kleine Apotheken in ländlichen Regionen oder peripheren Gebieten hätten kaum Aussicht auf Fortbestehen.
Aktuelle Entwicklungen in Sachen E-Rezept: Pilotprojekt GERDA
GERDA (Geschützter e-Rezept-Dienst der Apotheken) ist ein sicherer Dienst, der sowohl von Ärzten und Patienten, als auch von Apothekern in Anspruch genommen werden kann. Ärzte sind dadurch in der Lage, Rezepte auszustellen und diese dann in verschlüsselter Form an GERDA zu übermitteln. Dort können Apotheker dann unmittelbar darauf zugreifen und das jeweilige Medikament dem entsprechenden Patienten aushändigen. Damit ist GERDA die ideale Schnittstelle für Heilberufler verschiedene Disziplinen.
Das Pilotprojekt, das am 1. Novemer 2019 startete ist eine Unternehmung der Landesapothekerkammer und des Landesapothekerverbands Baden-Württemberg. Dass das Projekt bewusst von der Kammer in Auftrag gegeben wurde liegt vor allem daran, dass dadurch (mehr) gewährleistet ist, dass nicht etwa wirtschaftliche Aspekte im Vordergrund stehen (wie das vergleichsweise bei kapitalgesteuerten Marktteilnehmern der Fall wäre). Laut der Kammer ist es wichtig, "ein einheitliches System durch NEUTRALE Akteure und unter STAATLICHER Kontrolle" auf dem deutschen Markt und im Gesundheitssystem zu implementieren.
GERDA widerspricht nicht gegen das Recht auf freie Apothekenwahl
Auch hierfür gibt es auf Seiten der Kammer eine Lösung: Denn das digitale Rezept wird nach dem Ausstellen durch den behandelnden Arzt an den Rezeptspeicher übermittelt, auf den zunächst der Patient (nach Entschlüsselung) zugreifen und dann nach persönlichen Präferenzen entscheiden kann, bei welcher Apotheke er sein e-Rezept einlösen möchte. So bleibt die freie Apothekenwahl bestehen. Anders wäre das Projekt auch rechtlich nicht umsetzbar gewesen.
Altuelles Meinungsbarometer zum Thema E-Rezept: Was Apotheker von der Einführung halten
Aus der aktuellsten Umfrage der Apokix (eine Initiative der IFH Köln) geht hervor, dass der Großteil der Apotheker derzeit noch durchaus unentschlossen ist, ob das E-Rezept eingeführt werden sollte oder nicht. Befragt wurden online rund 200 Apotheken. Auf die Frage, "Wie bewerten Sie die geplante Einführung des E-Rezepts grundsätzlich" antworteten die Teilnehmer wie folgt:
44%: unentschlossen
21%: negativ
17%: sehr negativ
15%: positiv
3%: sehr positiv
Das zeigt eindeutig, dass die deutschen Apotheker noch lange nicht vom geplanten digitalen Rezept überzeugt sind. Hinzu kommt, dass sich viele Apotheker auch einfach noch nicht hinreichend mit dem Thema beschäftigt haben, wie ebenfalls aus der Umfrage hervorgeht. Denn nur rund 6% haben sich bisher 'sehr intensiv' mit der Einführung des E-Rezepts auseinandergesetzt. 18% 'eher intensiv' wohingegen 25% 'fast gar nicht' angaben. Die Mehrheit der Befragten (51%) gab an, sich 'eher sporadisch' mit dem Thema auseinandergesetzt zu haben. Ein wichtiger Schritt in diese Richtung eröffnent (eventuell) das zuvor angesprochene Pilotprojekt GERDA - sollte es erfolgreich sein, versteht sich.
Interessant ist wohl auch die Tatsache, dass der Aussage "Ich finde es gut, dass das E-Reuept zunächst in Pilotprojekten gestestet wird [...]" rund 97% zustimmen (davon 58% 'voll und ganz' und 39% 'eher'). Die Aussage "Bei Patienten wird viel Informationsbedarf zum E-Rezept bestehen" trifft bei 96% der Befragten zu. Ob das E-Rezept in Konflikt mit dem Datenschutz stehen könnte und in diesem Kontext auch Bedenken bei den Patienten auftreten könnten, bestätigen jedoch nur rund 74%. 25% sehen hier dagegen eher kein Problem, 1% sieht gar kein Problem.
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