Mit der Legalisierung von Versandapotheken vor knapp 20 Jahren wurde der Grundstein für innovative Zugangswege zu Gesundheitsprodukten gelegt. Heute entstehen immer mehr Gesundheitsplattformen, die den Patienten und Konsumenten einen virtuellen Marktplatz mit einer Vielzahl von Angeboten rund um das Thema Gesundheit bieten. Doch wie verändert sich das Kauf- und Entscheidungsverhalten der Nutzer durch solche Online-Apotheken? Wie gestaltet sich der Apotheken-E-Commerce in Deutschland? Diesen und weiteren Fragen rund um den online Einkauf bei Apotheken widmen wir uns in diesem Artikel.

Entwicklung des E-Commerce bei Online-Apotheken – Die Corona-Krise als Treiber

Es lässt sich sagen, dass Online-Apotheken während und durch die Corona-Pandemie einen starken Aufschwung erlebt haben. Eine repräsentative Befragung im Auftrag des Digitalverbands Bitkom mit 1.157 Personen in Deutschland ab 16 Jahren, kann diese klare Entwicklung aufzeigen. In der Vor-Corona-Zeit 2018 gaben lediglich 33 Prozent der Befragten an, ihre Medikamente regelmäßig in einer Online-Apotheke zu besorgen. 2019 hingegen gaben schon 46 Prozent an, ihre Medikamente gewöhnlich in der Online-Apotheke zu besorgen. Und der Trend setzte sich fort. 2020 betrug der Anteil der Online-Käufer 58 Prozent und im Juli 2021 gaben 62 Prozent der Verbraucherinnen und Verbraucher an, Arzneien inzwischen häufig bei einer Apotheke im Netz zu bestellen. 
Es nutzen demnach immer mehr Menschen in Deutschland Online-Apotheken, um ihre Medikamente zu bestellen - und das nicht nur bei frei verkäuflichen, sondern auch bei rezeptpflichtigen Medikamenten. So löst fast jeder Vierte Rezepte auch online ein, während 61 Prozent sich eher Medikamente ohne Rezeptpflicht besorgen.
Auch Online-Händler wie Amazon profitieren von diesem Trend. Im Jahr 2020 haben sieben Prozent der Menschen in Deutschland nicht verschreibungspflichtige Medikamente bei Online-Händlern gekauft, während es heute mehr als doppelt so viele sind. Diese Entwicklung wird nicht nur durch die Corona-Pandemie beschleunigt, sondern hilft auch dabei, medizinische Versorgungslücken in ländlichen Regionen oder für mobilitätseingeschränkte Menschen zu schließen. 

Wer kauft gerne online?

Es zeigt sich auch, dass besonders junge Menschen den Kauf von Arzneimitteln im Internet bevorzugen. Es kaufen 79 Prozent der 16- bis 29-Jährigen ihre Medikamente online ein, gefolgt von 80 Prozent der 30- bis 49-Jährigen und 66 Prozent der 50- bis 64-Jährigen. Auch unter den Senioren ab 65 Jahren bestellen zwei von fünf (40 Prozent) Medikamente im Internet. 
Die hohe Anzahl von Bestellungen ist nicht nur auf die Corona-Pandemie zurückzuführen, sondern auch auf die verbesserten Services der Online-Händler und Zusteller. Die meisten Kunden sind mit ihrer Bestellung zufrieden, insbesondere mit der Medikamentenauswahl (94 Prozent) und dem Preis-Leistungs-Verhältnis (88 Prozent). Die Liefergeschwindigkeit wird von 84 Prozent der Kunden gelobt. Allerdings sehen viele Verbesserungsbedarf bei Beratungs- und Informationsangeboten (30 Prozent sind nicht zufrieden). 
Doch auch wenn die guten Services der Online-Händler überzeugen ist die Online-Apotheke ist lediglich als Ergänzung zur Apotheke vor Ort zu sehen und sollte nicht als Ersatz dienen. Fast alle Befragten (99 Prozent) besorgen sich verschreibungspflichtige Medikamente zumindest teilweise auf herkömmlichem Wege, während 84 Prozent ihre nicht verschreibungspflichtigen Mittel in der Apotheke vor Ort kaufen.

Markt der Online-Apotheken in Deutschland

Auch Unternehmen investieren verstärkt in digitale Gesundheitsdienstleistungen und Telemedizin, da immer mehr Menschen Medikamente und Gesundheitsprodukte online kaufen. Diese Entwicklungen haben auch zu einer verstärkten Konkurrenz im Online-Apothekenmarkt geführt.
Ein Beispiel dafür sind die Übernahmen von Apotheken durch Unternehmen wie Zur Rose und Marcol. Die Zur Rose Gruppe hat bereits mehrere deutsche Versandapotheken übernommen und ist nun mit knapp 1,1 Milliarden Euro Umsatz auf dem deutschen Markt führend. Shop-Apotheke ist mit einem Umsatz von 700 Millionen Euro derzeit der zweitgrößte Anbieter.
Die verschiedenen Online-Apotheken verfolgen unterschiedliche Strategien, wenn es um die Nutzung von externen Plattformen wie Amazon geht. Einige nutzen die Reichweite von Amazon und bieten ihre Produkte dort an, während andere auf eine eigene E-Commerce-Plattform setzen. Einige Online-Apotheken, wie Zur Rose, entwickeln sich zudem zu integrierten Gesundheitsdienstleistern mit telemedizinischen Angeboten. DocMorris ist die bekannteste Marke der Zur Rose Gruppe und dafür ein gutes Beispiel: Hier können Kunden nicht nur Medikamente bestellen, sondern auch Dienstleistungen von Ärzten, Krankenhäusern und anderen Anbietern in Anspruch nehmen. Diese Bündelung verschiedener Gesundheitsdienstleistungen auf einer Plattform ist als ein wichtiger Trend im Online-Apothekenmarkt zu sehen. 

Das E-Rezept und der E-Commerce

Wer über die aktuellen Entwicklungen im E-Commerce im Apothekenbereich spricht, darf auch das E-Rezept keinesfalls außer Acht lassen. Seit September 2022 ist das elektronische Rezept flächendeckend in Deutschland eingeführt worden und eröffnet damit Online-Apotheken ganz neue Möglichkeiten. Da der Versandhandel im Bereich rezeptpflichtiger Medikamente bislang kaum vertreten war, wird die Zahl der Neukunden im Bereich spürbar ansteigen. 
Für Kunden wird das Einlösen von Rezepten online nun wesentlich einfacher, da das E-Rezept die digitale Version der medizinischen Verschreibung darstellt. Statt auf einem kleinen Papier ausgedruckt, liegt das digitale Rezept nun beispielsweise auf dem Smartphone oder Tablet und ab 2023 auch auf der Elektronischen Gesundheitskarte eGK vor. Mithilfe einer App kann das digitale Rezept nun direkt an jede beliebige Versandapotheke weitergeleitet werden. Bisher war es komplizierter, eine Bestellung zu tätigen, da das Papierrezept für das verschreibungspflichtige Arzneimittel vorab an die Versandapotheke geschickt werden musste.Dieser Schritt entfällt nun und erleichtert somit die Online-Bestellung. Wenn man ein Rezept in einer stationären Apotheke einlösen möchte, können die Codes mit speziellen Geräten ausgelesen werden und die E-Rezepte somit ebenfalls angenommen und eingelöst werden.
Für Apotheken bedeutet dies, die Entwicklung nach der Einführung des E-Rezepts aufmerksam zu verfolgen und mit dem Versandhandel über Vermarktungsmöglichkeiten für die eigenen Produkte zu sprechen.

Ablauf des Bestellvorgangs

Kunden mit Internetzugang haben die Möglichkeit, von zu Hause aus über ihren Computer oder ihr Smartphone auf die Website der Online-Apotheke zuzugreifen und ihre gewünschten Produkte zu bestellen. Außerdem können oft virtuelle Angebotsvergleiche für rezeptfreie Produkte zwischen den E-Apotheken durchgeführt werden. Der Verkauf von verschreibungspflichtigen Medikamenten unterliegt jedoch einer bundesweiten Festpreisregelung. 
Je nach gewählter Zahlungsmethode wird die Bestellung entweder unmittelbar (z.B. bei Vorauskasse) oder nach Zahlungseingang (z.B. bei Rechnung) versandt und direkt zum Kunden nach Hause geliefert. Die E-Apotheke berechnet üblicherweise Zustellkosten für Bestellungen unter einem bestimmten Wert, es sei denn, der Kunde ist beispielsweise ein Stammkunde von Sanicare, einer der Anbieter, bei dem keine Versandkosten anfallen. Wenn der Bestellwert einen bestimmten Betrag übersteigt, bieten viele Online-Apotheken kostenlose Lieferungen an. Darüber hinaus werden von den Apotheken rezeptpflichtige Medikamente kostenlos geliefert.
Der Kaufprozess für Medikamente verläuft ähnlich wie der von anderen Artikeln auf herkömmlichen E-Commerce-Plattformen wie Amazon.de. Wenn ein Kunde jedoch verschreibungspflichtige Medikamente bestellen möchte, muss bei verschreibungspflichtigen Medikamenten das zugehörige Rezept an die E-Apotheke versendet werden, um das benötigte Arzneimittel bestellen zu dürfen. Dafür stellen die Online-Apotheken ihren Kunden bei Bedarf meist umsonst Freiumschläge für einen kostenlosen Versand zu oder gewähren ihnen Gutschriften in Höhe der Sendekosten.
Das jüngst eingeführte E-Rezept kann diesen Schritt jedoch erleichtern, wie im vorherigen Absatz erläutert. Durch eine auf dem Smartphone installierte App kann das digitale Rezept direkt an eine beliebige Versandapotheke weitergeleitet werden. Somit wird der schwierige Prozess umgangen, das Papierrezept für das verschreibungspflichtige Arzneimittel vorab an die Versandapotheke zu schicken.

Es ist wichtig zu beachten, dass Online-Apotheken den gleichen rechtlichen Voraussetzungen wie stationäre Apotheken entsprechen müssen und daher den gleichen gesetzlichen Rahmenbedingungen und Standards unterliegen. Darüber hinaus müssen sie die Anforderungen der Versandhandels-Verordnung erfüllen, um von den zuständigen Landesbehörden zugelassen zu werden. Nur ein ausgebildeter Apotheker kann eine solche Zulassung erhalten.
 

Fazit

Insgesamt zeigt sich, dass der Online-Apothekenmarkt stetig wächst und immer mehr Patienten und Konsumenten den Komfort des Einkaufens von zu Hause aus schätzen. Zudem ist absehbar, dass sich künftig nicht nur Online-Apotheken und stationäre Apotheken um die Aufmerksamkeit und Nachfrage von Patienten und Konsumenten bemühen werden, sondern verstärkt auch die sich gerade formierenden Gesundheitsplattformen wie DocMorris und externe Plattformen wie Amazon. Plattformen werden also zu einem neuen wichtigen Vertriebs- und Kommunikationskanal für Gesundheitsprodukte. Es bleibt abzuwarten, welche Unternehmen sich langfristig im Markt durchsetzen werden, doch eins ist sicher: Die Entwicklung des Online-Apothekenmarktes wird auch weiterhin in Bewegung bleiben.

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